Thomas Schmidt Stadtmeister im Schach – Die 9. Runde der Stadtmeisterschaft

Mit fünf Siegen und vier Remisen wurde Thomas Schmidt, Professor an der Hochschule Flensburg, zum ersten Mal Flensburger Stadtmeister im Schach. Ihn zeichnen nicht zuletzt Ideenvielfalt, Kampfkraft und eine gesunde Selbsteinschätzung aus. Dass – wie in allen Sportarten – auch ein Quäntchen Glück zum Erfolg gehört, versteht sich von selbst.

Mit einem Sieg in der letzten Runde hätte zwar Dirk Maleska den neuen Titelträger noch abfangen können, was aber nicht glückte, weil er Oliver Fritz nach ausdauerndem Kampf den Punkt überlassen musste.

Die mit 25 Spielern bestückte Meisterschaft hatte im Januar begonnen und die Kontrahenten im dreiwöchigen Rhythmus an die Bretter gebracht. Zu absolvieren waren insgesamt neun Runden im schönen Turniersaal des Hauses „Pniel“ bei der Diako.

Eine Handvoll Spieler aus der zweiten Reihe überraschte durch eine beachtliche Leistungssteigerung, allen voran Rainer Schwarz, Lutz Kania und Peter Nissen. Ein Lob gebührt auch Gerhard Kühnen, der in seiner letzten Partie noch gegen Mitternacht am Brett saß, sich zäh gegen den favorisierten Michel Langner verteidigte und dafür mit einem Remis belohnt wurde.

Mit einem Mittelplatz mussten sich Spieler begnügen, von denen man etwas mehr erwartet hatte, darunter Arno Urban, Holger Martens, Benjamin Isler und Jürgen Nickel, der ein Opfer seiner übermäßigen Friedfertigkeit wurde, zuletzt gegen Guido Heinemann.

Am 2. Juli werden um 19.30 Uhr im „Pniel“ die Preisträger geehrt, bevor es in der Offenen Stadtmeisterschaft im Blitzschach heiß hergehen wird. In Sekundenschnelle gilt es dann, die richtigen Entscheidungen zu fällen.

Jürgen Nickel, Pressewart des FSK v. 1876 e.V.

 

Der neue Stadtmeister am Brett

Hier die Paarungen der letzten Runde:

Dies führt zu folgenden finalen Situation, die Thomas Schmidt zum Sieger ermittelt:

Und zur Vollständigkeit wegen die DWZ-Auswertung:

Zum Nachspielen

Bevor wir zu der Abschlussrunde kommen, gibt es noch zwei Nachholpartien aus der 7. und 8. Runde.

Sascha Thomsen – Gerhard Kühnen : 1/2-1/2

Sascha hat gerade c3 gespielt, um den Londoner Aufbau zu vollenden, Gerhard entwickelt sich mit Sd7 weiter.

Nachholpartie der 7. Runde. Diese Partie hätte aus der Eröffnung heraus Chancen für beide Seiten offen gelassen, aber Sascha und Gerhard entschieden sich, nach den 13. Zug ein Unentschieden zu vereinbaren. Dementsprechend wenig Augenblicke gab es in dieser Partie, wo der eine oder andere Spieler daneben gegriffen haben könnte. In den letzten Runden ist allerdings etwas die Luft raus, weil man die Endergebnisse schon absehen kann, ohne selber für eine drastische Änderung mitzuwirken.

Martin Weilandt – Sascha Thomsen : 1/2-1/2

Nachholpartie der 8. Runde. Martin spielt die Bird-Eröffnung, die unser frisch gebackener Stadtmeister ebenfalls bevorzugt. Sascha kommt mit seinen Springern nicht auf die besten Felder und steht leicht eingeengt, weshalb Martin die etwas bessere Stellung besitzt. Nachdem ein Springerpaar getauscht wurde hat Sascha zwar einen Doppelbauern auf der f-Linie, dafür aber die halboffene g-Linie, was die Stellung ausgleicht. Das haben beide Spieler erkannt und sich prompt die Hand zum Remis gegeben.

Es folgen die Partien der 9. Runde.

Peter Nissen – Thomas Schmidt : 1/2-1/2

Thomas wählt die moderne Verteidigung, die ihren Namen alle Ehre macht. Der Ansatz ist, das Zentrum nicht direkt zu besetzen, sondern von der Ferne Einfluss auf die Felder zu nehmen. Wenn man sich genügend aufgebaut hat, kann man dann mit koordinierten Figurenspiel das Zentrum einnehmen und eine bessere Stellung erlangen. Soweit die Theorie, die Praxis muss aber genau so beherrscht werden!

Mit den Ansatz im Hinterkopf: Könnte Schwarz hier um das Zentrum spielen?

Thomas verfolgt den Ansatz weiter und verbessert zunächst die Position seiner Figuren, was für eine ausgeglichene Stellung sorgt. Peter spielt logische Züge, beansprucht die halboffene Linie im Zentrum mit seinen Turm, verdoppelt auf der Linie sogar und hat damit kein offensichtliches Angriffsziel für Thomas geboten. Aber Peter tut sich auch schwer damit, selber irgendwo einen Schwachpunkt zu finden, da die e-Linie zwar unter seiner Kontrolle ist, allerdings kann er auch nicht viel dort anrichten.

Einige Züge weiter erreichen wir folgende Stellung:

Jetzt besetzt Thomas das Zentrum mit seinen Bauern, allerdings sind nun so viele Figuren getauscht dass es nicht mehr seinen gewünschten Effekt besitzt. Außerdem übt Peter viel Druck auf die beiden Zentralen Bauern aus. Nach Damentausch ist Thomas am Drücker und könnte auf Gewinn spielen. Da ihn allerdings ein Remis zum ziemlich sicheren Titelgewinn führen würde, war das aus seiner Sicht ein sehr guter Ausgang für diese Partie.

Mein Glückwunsch geht an dieser Stelle an Thomas, der in seinen Partien immer prinzipientreu gespielt hat und sich immer an die allgemeinen ungeschriebenen Gesetze des Spieles gehalten hat, von denen es eine Menge gibt!

Oliver Fritz – Dirk Maleska : 1-0

Aufmerksamen Zuschauern könnte diese Stellung bekannt vorkommen! Oliver hat gerade Se5+ gespielt, woraufhin Dirk nach g8 flüchten wird.

In dieser Partie scheint es, Dirk analysiert seine Partien selber und sucht nach Verbesserungen für zukünftige Begegnungen. Wenn man in den Spiel besser werden will, ist dies ein sehr vernünfitger Ansatz!

Wir erinnern uns zurück zum April, in der Benjamin und Dirk ihre Partie der 4. Runde nachgeholt haben. Diese Partie finden Sie als Referenz, indem Sie hier klicken. Es handelt sich um die erste Partie nach der Einleitung.

Die Stellung dort sah wie folgt aus:

Dirk hatte in obiger Stellung durch ein taktisches Motiv einen Bauern und später das Spiel verloren.

Nun betrachten wir diese Partie, in der nach sieben Zügen folgende Stellung auf dem Brett ist:

Wenn man zwei so ähnliche Stellungen vergleicht, sollte man sich als erstes die Frage stellen, ob das gleiche taktische Motiv möglich ist. Dirk hatte vielleicht gedacht, dadurch dass der Läufer die Sicht der Dame auf den Bauern d4 blockt, würde er keinen Bauern verlieren. Dies ist auch soweit richtig, allerdings hat Oliver ein einfaches Spiel, da er deutlich besser entwickelt ist und die schwarze Dame sich im Zentrum als ein leichtes Ziel darstellt.

Sollte Schwarz hier eine Kette von Abtäuschen anstoßen?

Dirk versucht stattdessen das Endspiel zu erreichen. Als Experte im Endspielen besteht noch die Chance, das Bauernendspiel trotz Mehrbauern für Oliver Remis zu halten. Die Rechnung ging aber nicht auf, da Oliver sehr folgerichtig das Endspiel konvertiert. Erst schafft er sich einen Freibauern auf der f-Linie, um dann mit einen Ablenkungsmanöver am Damenflügel den gegnerischen König zu überlasten. Sehr gut gespielt!

Michael Kläve – Rainer Schwarz : 0-1

Rainer hat gerade Sc6 gespielt, woraufhin Michael auf d5 mit den Bauern schlagen wird.

Diese Partie zeigt, wie aus vermeintlich harmlosen Stellungen schnell alles komplett umschwingt und man auf einmal die schlechteren Karten hat. Es ist eher faszinierend zu sehen, wie die Züge davor ganz normal aussehen und urplötzlich höchste Präzision gefragt ist!

Was muss Weiß hier spielen, um nicht sofort auf Verlust zu stehen?

Michael wählt einen Zug, der ihn eine Figur und damit das Spiel kostet. Für mich ist dieses Spiel eine Einladung, mir die Grünfeld-Verteidigung näher anzusehen, weil hier ein Beispiel gesetzt wurde, wie tödlich diese Eröffnung sein kann!

Lutz Kania – Nahmen Christiansen : 1/2-1/2

Lutz greift mit e5 den Springer auf f6 an, den Nahmen nach e8 zurückstellen wird.

Lutz spielt die Englische Eröffnung und baut sich mit einen imposanten Doppelfianchetto auf. Nahmen fordert mit Lb7 den anderen Läufer heraus und nimmt dafür potentiell einen deplatzierten Springer auf b7 im Kauf. Aber Lutz hat kein Interesse daran, auf b7 zu schlagen und festigt stattdessen seinen vorgedrungenen Bauern auf e5 mit f4. Wegen der schlechten Position der schwarzen Springer steht Nahmen etwas schlechter und Lutz hat die aktiveren Figuren. Allerdings hält Nahmen gut gegen, findet gute Verteidigungszüge und wartet auf einen Fehlgriff von Lutz. Allerdings hat Lutz bisjetzt noch nichts falsches gemacht, sondern normale, logische Züge gespielt. Somit hätte Lutz gegen Ende weiter spielen können, da er von Anfang an in dieser Partie das Sagen hatte. Vielleicht war zum 34 Zug hin die Zeit etwas knapp, sodass man nicht in aller Ruhe den Überblick hatte und sich mit Remis zufrieden gegeben hat.

Michel Langner – Gerhard Kühnen : 1/2-1/2

Michel hat gerade seinen Springer geopfert, woraufhin Gerhard mit Lh6 nicht die beste Antwort findet. Was wäre stattdessen möglich?

Eine Partie zweier eher offensiv gesinnten Spielern verspricht immer einen ereignisreichen Kampf. So wird nicht lange gefackelt und schnell wird an Michels Eröffnungswahl klar, dass hier keine Zeit zum Ausruhen bleibt! Im Muzio-Stil des Königsgambits opfert Michel seinen Springer auf f3, um die deutlich aktivere Stellung und die Initiative an sich zu nehmen. Die Schach-Engines sagen zwar, dass bei korrekten Spiel Gerhard locker hätte gewinnen können, wir müssen uns aber vor Augen halten, dass es hier um Menschen geht, nicht um Maschinen! In der Stellung im Bild zum Beispiel wählt Gerhard Lh6, was Michel’s Angriff ins Rollen bringt.

In folgender Stellung hätte Gerhard plötzlich zum Angriff blasen können, wie?

Nach einigen kleinen Fehlentscheidungen ist auf einmal Michel wieder am Drücker und genießt einen klaren Vorteil.

So hätte Michel hier eine Abfolge starten können, die ihm ein gewonnenes Endspiel garantiert. Was muss Weiß hier spielen?

Beide Seiten hatten ihre Chance, die sehr schwer zu erkennen war. Das Endspiel kippt zugunsten von Gerhard, der eine Figur für zwei Bauern besitzt. Aber sobald die Türme und die Damen vom Brett sind, ist ein Remis ganz offensichtlich zu erkennen. Gerhard kriegt die beiden Freibauern von Michel zu packen, während Michel seinen König in das Spiel einbringen kann. Eine spannende Partie, die hin und her ging!

Guido Heinemann – Jürgen Nickel : 1/2-1/2

Jürgen schaut sich nach der Partie noch einmal die Stellung zum Ende an.

Die Philidor-Verteidigung gilt eigentlich als solides System für Schwarz. Allerdings stürmt Jürgen mit seinen g- und h-Bauern in Richtung gegnerischer König. Ich hatte bisjetzt noch gar nicht erwähnt, dass es an den Tag sehr heiß gewesen ist, was das Schachspielen beeinflussen kann. So hatte Jürgen hier zwar auf dem Brett eine vorteilhafte Stellung erlangt, allerdings hätte Guido sehr persistent verteidigt und beide Seiten hätten einen langen, verbitterten Kampf in der Hitze austragen müssen. Deshalb wurde sich hier für ein vorzeitiges Remis entschieden, damit man das Wetter genießen kann, statt es zu ertragen!

 

Arno Urban – Holger Martens : 1/2-1/2

Holger hat gerade f5 gezogen und Arno wird seinen Läufer auf d6 stellen.

Vielen Dank an Arno für das Beisenden seiner kommentierten Partie! Sie enthält unter anderem auch Referenzen auf ältere Begegnungen.

In einen klassischen Sizilianer kann Arno das wichtige Feld d6 besetzen. Holger steht trotzdessen nicht schlecht und beschäftigt sich mit den Königsflügel.

In folgender Stellung hätte Holger für Ausgleich sorgen können, wie? Tipp: Seien sie nicht all zu gierig mit ihren Material!

Arno konnte Stück für Stück an Vorsprung gewinnen, aber Holger hatte erneut eine Chance, den Ausgleich zu erreichen:

Wie sollte Schwarz den Angriff parieren? Th6 (grün), g6 (rot) oder h6(gelb)?

Nach der falschen Wahl scheint es um Holger geschehen, aber nach dem 22. Zug beginnt laut Arnos Kommentaren die Zeitnot.

Umso kritischer ist die folgende Stellung: Schwarz drot Kg8 nebst Th6. Wie sollten Sie reagieren?

Aber auch Holger musste in Zeitnot gewesen sein, denn nachdem er eine starke Fortsetzung gefunden hatte bot er Remis, welches dankend angenommen wurde. Ich bedanke mich noch einmal recht herzlich für die Partiekommentare, sie erzählen die Geschichte der Partie sehr lebhaft wie ich finde!

 

Sascha Thomsen – Hayo Weidung : 1-0

Hayo steht im Schach und wird mit Sbd7 blocken. Danach spielt Sascha Se5, um den Druck auszubauen.

Erneut ein Londoner System, in den Sascha mittlerweile sehr viel Erfahrung gesammelt hat, erwidert von Hayo mit einem eher symmetrischen System. Für Unausgeglichenheit sorgt Hayo’s Läufer auf e4 gegen Sascha’s Läufer auf b5. Nach einigen Abtäuschen hat Schwarz einen Doppelbauern, den er nur schwer halten kann. Das hat zur Folge, dass Sascha sich langsam aber sicher den Sieg im Endspiel sichert.

Hayo übersieht in folgender Stellung, dass ein Läuferzug das Remis gesichert hätte:

Ab diesen Zeitpunkt konnte Sascha im Endspiel Hayo sicher zur Aufgabe zwingen.

Malte Jensen – Martin Weilandt : 1/2-1/2

Ich habe gerade Ld2 gezogen, woraufhin Martin seinen Springer auf b4 stellt.

Unsere Mitglieder schauen sich anscheinend fleißig Partien an und kopieren unsere Spitzenspieler. Martin wählt nämlich die skandinavische Verteidigung, die mich an Dirk erinnert. Allerdings zeigt Martin viel mehr Mut, da er seelenruhig in einen Angriff reinrochiert. Ich habe einige Male daneben gegriffen und somit war die Rochade wohl doch gerechtfertigt.

Allerdings hatte ich noch eine letzte Chance, auf Gewinn zu stehen: Was muss Weiß hier spielen?

Danach hätte ich mit einer leicht besseren Bauernstruktur versuchen können, auf Gewinn zu spielen, aber mir war das Wetter dafür zu warm.

Sara Andresen – Kurt Boß : 1-0

Kurt schreibt gleich exd5 auf, woraufhin er mit den Springer wieder nehmen wird. Eine typische Falle in den „Fried Liver“-Angriff.

Sara eröffnet zur Abwechslung mal mit e4 und schnell befinden wir uns in einer sehr scharfen Variante des Zweispringer-Spiels. Kurt’s König wird über das Brett gejagt und findet kein gemütliches Lager auf c7.

Was könnte Weiß hier spielen?

Danach ist die Stellung erst ausgeglichen, schwingt aber sofort wieder zurück in Sara’s Hände. Kurt übersieht, dass am Ende einer Abfolge sein Läufer gefangen ist und muss die Figur für einen Bauern geben. Kurt tut alles, um seinen Läufer zu retten und achtet dabei nicht auf den Plan seiner Gegnerin, ihre Majestät Schachmatt zu setzen.

Otto Jepsen – Petra Römer : 0-1

Otto hat gerade die „sehr lange Rochade“ gemacht, wie Oliver es nennt. Petra lässt sich davon nicht stören und nimmt auf e4.

In einen Mittelgambit (1.e4 2.d4 3.Dxd4) bringt sich Otto selber in eine äußerst nachteilhafte Position, als er eine Fesselung seiner Dame durch einen Läufer erlaubte. Von diesen Materialunterschied kann man sich nicht mehr erholen, was die Partie zeigt. Nach und nach kann Petra die Tatsache nutzen, dass sie mehr Material hat um den Sieg zu sichern. Immer auf die Fesselung aufpassen!

 

Nikolaj Bolgov – Florian Tent : 1-0

Nikolaj schreibt die letzten Züge auf, während Florian schnell nach einen Damentausch greift.

In einen umgekehrten Grand-Prix-Angriff spielt Nikolaj den kuriosen Zug f3, wahrscheinlich um Kontrolle über das Feld e4 zu erhalten. Allerdings guckt dann der Springer auf g1 trauig in die Röhre. Nach Damentausch steht Florian etwas besser und der Sieg ist scheinbar nahe. Jetzt ist wichtig, in jeden Moment wachsam zu sein, damit einen der Sieg nicht entrinnt!

In folgender Stellung hat Florian eine Taktik zugelassen: Weiß am Zug gewinnt!

Danach hat Nikolaj seinen Vorteil nicht mehr losgelassen, was Florian erkannte und prompt aufgab.