Am 12. März fanden neun Spiele der Stadtmeisterschaft statt. Nach vier Runden von insgesamt neun gehen wir fast in Richtung Halbzeit, die Tabellenlage wird etwas übersichtlicher. Allerdings werden noch einige Spiele nachgeholt, weshalb sie so deutlich doch noch nicht ist! Man kann trotzdem festhalten, dass vier Leute mit drei aus vier Punkten einen exzellenten Start und eine potentielle Grundlage für eine gute Platzierung geschaffen haben. Aber es sind noch fünf Runden zu spielen, weshalb im Prinzip noch alles offen ist! Die nächste Runde findet regulär am 2. April statt.
Hier ist die aktuelle Tabellenlage:
Zum Nachspielen
Thomas Schmidt – Nahmen Christiansen : 1/2-1/2
Nahmen hatte gerade d5 gespielt, Thomas wird mit Dc2 das Feld e4 unterstützen
In dieser Partie sind wir schnell fern von jeglichen Theoriebüchern, sodass Verständnis für das Spiel und Gefühl für die Stellung wichtig werden. Beide Seiten verfolgen logische Pläne und erlauben sich keine groben Fehltritte. Thomas schafft sich eine etwas ungünstigere Bauernstruktur, behält dafür allerdings das Läuferpaaar. Nachdem die Spannung im Zentrum aufgelöst wurde und vier Züge hintereinander Figuren getauscht wurden, ist für beide Seiten nur mit viel Mühe etwas raus zu holen. Das haben Thomas und Nahmen auch erkannt und einigten sich auf Remis.
Peter Nissen – Michael Kläve : 0-1
Peter am Zug wird rochieren, woraufhin Michael mit e5 seinen Bauern erneut zieht.
In der Paulsen-Variante (auch bekannt als Kan-Variante) des Sizilianers kommt Peter aufgrund einiger struktureller Entscheidungen von Michael in leichten Vorteil. Angefangen bei der Wahl zur Platzierung des Läufers auf g7: Es hört sich nicht verkehrt an, den Läufer auf die g7-Diagonale zu stellen, zumal Weiß mit a3 ein Tempo aufgebracht hat, um extra den Läufer fern zu halten. Allerdings ist dieser auf der f8-a3 Diagonale relativ wichtig, da die schwarzen Felder am Damenflügel eine Schwäche sein können. Alles ist trotzdem halb so wild, bis Michael mit e5 seinen Bauern erneut zieht. Ab dann hat Peter das Spiel in der Hand, verfolgt aber einen etwas anderen Plan:
Weiß hat hier zwei Ideen: Mit Tad1 (grün) direkt den Nachteil von e5 aufzeigen und auf das letzte Glied der Bauernkette gehen. Oder mit f4 (gelb) den Bauern herausfordern. Beide Maßnahmen sind eine Konsequenz des Zuges e5, weshalb das ein Indikator dafür ist, dass dieser vielleicht nicht ganz im Sinne von Schwarz war:
Peter besetzt das Feld d5, ein typischer Plan in vielen sizilianischen Stellungen. Hier verschafft dies ihm einen hauchdünnen Vorteil, das Feld d5 wird zum Hauptziel für beide Seiten. Wir erreichen nach 25 Zügen eine ziemlich geschlossene Stellung, beide Spieler haben jeweils sieben Bauern und zwei unterschiedliche halboffene Linien. Als diese nach und nach vom Brett kommen, ist Peter einen Moment unachtsam und gibt seinen schwarzfeldrigen Läufer in Michael’s Hände. Vorbei ist das Spiel da noch nicht, ganz im Gegenteil: Jetzt wird es erst interessant!
Es ist folgende Stellung entstanden. Man merkt Schwarz seine Mehrfigur gar nicht an, weil er so viele Probleme zu lösen hat.
Michael tut sich schwer, seine Figuren zum Einsatz zu bringen. Allerdings erlaubt sich Peter einen kleinen Fehltritt, der Michael’s Figuren zu erneuten Leben aufwecken lässt:
Was sollte Weiß hier spielen, um das Spiel von Schwarz so gut es geht zu minimieren?
Danach kann Michael aufatmen und seine Mehrfigur wird immer deutlicher. Peter beweist weiter Kampfgeist und die Partie geht noch gute 20 Züge weiter, in denen Michael seine Klasse aufzeigt und den Vorteil „nach Hause“ bringt. Sehen Sie selbst!
Guido Heinemann – Benjamin Isler : 1/2-1/2
Benjamin am Zug wird cxd4 spielen, woraufhin Guido seinen Läufer auf d3 platzieren wird.
In Schach gibt es die „berührt-geführt“-Regel. Das heißt, wenn man eine Figur anfässt, muss man diese auch ziehen, solange man damit einen legalen Zug ausführen kann. Entweder hat Benjamin im sechsten Zug genau das mit seinen König gemacht oder es war Teil einer Verwirrungstaktik. Guido sieht mit seinen taktischen Spürsinn sofort den zentralen König als Schwäche und versucht, die Stellung aufzureißen. Er opfert zwei Bauern und mit seinen Schwerfiguren kommt er den schwarzen König gefährlich nahe. Nach 26 Zügen war der Druck so groß, dass beide Bauern zurückgegeben werden mussten. Das daraus entstandene Endspiel ist ziemlich interessant:
Weiß hat zwei Freibauern auf g2 und h2, der Springer auf e5 ist gefesselt und kann nur mit Mühe entfesselt werden. Dafür hat Schwarz im Zentrum Bauern, die schon die Ziellinie erkennen.
Benjamin wählt ein gutes Vorgehen, um seine Belegschaft zu koordinieren. Das folgende Damenendspiel ist voller Tricks und Tücke. Der fehlende Respekt des gegnerischen Plans hätte Benjamin zum Verhängnis werden können, als er sich im 35. Zug entscheidet, einen weißen Störenfried zu entfernen, damit seine eigenen Bauern loslaufen können. Guidos Bauer auf h5 läuft in dieser Zeit mit raschen Tempo richtung Dame.
Was hätte Schwarz hier spielen sollen, statt Dxd3?
Daraus resultiert eine Stellung, die man äußerst selten auf dem Brett sieht. Ein „Vierdamen-Endspiel“. Nach stundenlanger Konzentration ist es zu später Stunde sehr fordernd, wenn man mit zwei Damen spielen muss. Beide Seiten fühlten sich wahrscheinlich unwohl und reichten sich die Hand zum Remis. Allerdings hätte Guido das Spiel beenden können:
Weiß am Zug setzt in wenigen Zügen Matt. Hinweis: Setzen Sie beide Damen ein!
Oliver Fritz – Sascha Thomsen : 1-0
Oliver hat gerade auf d6 genommen. Sascha wird im Gegenzug auf d4 nehmen.
Gegen Sascha’s Pirc-Verteidigung spielt Oliver den Dreibauern-Angriff. Bereits im fünften Zug ist Sascha, der sonst immer die Ruhe weg hat, etwas voreilig in seinen Bestreben im Zentrum und kommt dafür auf seine Kosten.
Es geht um folgende Stellung: Der Zug c5 macht Schwarz einige Probleme
Danach hat Oliver leichteres Spiel, dringt in das feindliche Lager ein, und hat diverse taktische Motive, die in seinen Sinne laufen. Hier ein Beispiel:
Schwarz steht total unharmonisch, kann Weiß das für sich nutzen?
Oliver erkennt das Potential zwar nicht sofort, aber er macht trotzdem richtige Züge und gibt den Vorteil nicht mehr aus der Hand. Die Tatsache, dass Sascha’s König im Verlaufe der Partie umher gescheucht wurde, ist ihm zum Verhängnis geworden.
Arno Urban – Jürgen Nickel : 0-1
Arno am Zug wird Lc4 spielen, woraufhin Jürgen trotzdem d5 spielen wird.
Vielen Dank an Arno dafür, dass er mir seine Analyse zuschickt! Ich finde, sie ist sehr detailliert und zeigt Arno’s Gedanken zu der Partie. Es ist auf jeden Fall ein Spiel, das man durchgehen sollte, unabhängig davon, was in den vorletzten Zug geschehen ist. Viel Spaß beim Nachspielen!
Michel Langner – Rainer Schwarz : 1-0
Rainer wird auf e5 schlagen, worauf Michel mit seinen f-Bauern zurücknimmt.
In der kurzen Zeit, in der ich die Partien durchspiele, fallen mir ab und an Spiele auf, wo alles so harmlos ausschaut und dann kommt ein Paukenschlag. Danach ist alles vorbei. Wir finden hier einen Sizilianer, der zwar für seinen zweischneidigen Charakter bekannt ist, allerdings mit blockierten Zentrum. Rainer verfolgt den Prinzipien und geht auf das letzte Glied der nervigen Bauernkette im Zentrum. Doch als er scheinbar dabei war, den Bauern zu gewinnen, reicht Michel das erkennen einer für ihn simplen Taktikfolge, wo er am Ende besser dar steht. So schnell kann die Stellung von harmlos zu völlig hoffnungslos kippen!
Nikolaj Bolgov – Malte Jensen : 0-1
Ich drohe d5 mit einer Gabel (darauf immer aufpassen!), deshalb spielt Nikolaj hier Sa4
Ich bringe hier meinen Lieblings-Sizilianer auf’s Brett: Den beschleunigten Drachen. Ich genieße den Vorteil, d5 ohne weitere Umschweife zu spielen, was mir in der Partie einen angenehmen Vorteil bringt. Von Natur aus suche ich nach sehr einfachen Dingen, worauf ich spielen kann. Hier habe ich mich für den Springer auf a4 entschieden, da dieser am Rande etwas Abseits steht. Mein Plan geht auf, ich kann im Folge durch einige Ungenauigkeiten von Nikolaj einen Bauern auf c2 gewinnen. Als Nikolaj dann seine Dame in eine Ecke stellt, wo sie von ihren eigenen Figuren eingekesselt ist, will ich diese einfangen. Dabei war ich aber zu sehr auf meine Idee fixiert, sodass ich in folgender Stellung ziemliche Probleme hätte:
Was kann Weiß hier spielen, um Schwarz zu ärgern?
Zu meinen Glück findet Nikolaj leider nicht die korrekten Züge und spielte jeden folgenden Zug zu meinen Gunsten.
Otto Jepsen – Hayo Weidung : 0-1
Hayo wird seinen anderen Springer auf d7 entwickeln, Otto spielt Sd2.
Im Vergleich zu den Runden davor hält Otto hier erstaunlich gut mit seinen erfahreneren Vereinsmitglied gegen! Als er sich aber entscheidet, lang zu rochieren, stürzen bei ihm alle Wände ein. Weiß kommt immer mehr in Bedrängnis und wird förmlich platt gewalzt. Dieses Spiel ist erneut ein hervorragendes Beispiel dafür, wie wichtig jeder einzelne Zug in Schach sein kann!
Kurt Boß – Petra Römer : 0-1
Petra wird mit g6 ihre schwarzen Felder schwächen, gibt es einen besseren Zug für sie?
Kurt spielt das ihn mittlerweile gut vertraute Londoner System. Es zeichnet sich aus durch den immer gleichen Aufbau von Weiß gegen verschiedene Antworten von Schwarz. Diese Spiele versprechen für Weiß in der Regel keinen enormen Vorteil, aber man ist sauber und ohne viel Mühe aus der Eröffnung heraus gekommen und kann sich ganz auf das Mittelspiel konzentrieren. Kurt erkennt richtig, dass Petra mit g6 ihren König geschwächt hat und geht in die offensive: Erst mit h4 und dann mit Lh6. Genau auf diesen Angriff sollte Kurt sich konzentrieren, er wird jedoch vom den Vorhaben von Petra abgelenkt:
Schwarz hat gerade e5 gespielt und droht eine Gabel. Kurt passt auf die Gabel auf und spielt e4. Gibt es eine bessere Alternative? Tipp: Die Sichtweite der Figuren auf den schwarzen König sollte nicht eingeschränkt werden!
Auf einen Fehltritt folgt bekanntlich ja noch ein zweiter. So auch in dieser Partie. Schwarz atmet erst auf und kommt dann selber zum Angriff, mit verheerenden Folgen für Kurt.